Aktuell


Zu unserer nächsten Veranstaltung dürfen wir Sie hiermit herzlich einladen.

Prof. Dr. Dr. Rolf Hirsch,


Pflege ohne Gewalt ? !


Fr., 11.03.11, 19:30 Uhr
Ort: Gemeindezentrum St. Nikolaus, Rathausstr. 5


Zusammenfassung:

Gewalthandlungen an Pflegebedürftigen werden oft mit "Überlastung" und "Überforderung" der Pflegenden - zuhause und in Einrichtungen- oft zu rasch entschuldigt, toleriert und vertuscht. Darf, soll oder muss derjenige, der "überlastet" ist, kriminelle Handlungen begehen? Ist Gewalt die einzige Lösung? Eigentlich ist doch jeder  gegen Gewalt! Doch scheint sie "alltäglich" und "allgegenwärtig" zu sein. Die derzeitig bekannten Angaben über ihr Auftreten verdeutlichen, dass ein dringender Handlungsbedarf besteht! Nur moralisieren nützt allerdings ebenso wenig wie Schuldzuweisung.

Gewalt in Pflegebeziehungen ist eine verhängnisvolle Ansammlung von Macht, Unterdrückung und Ohnmacht, Angst und Wut, Hilflosigkeit sowie Verstrickung in Schuldgefühle nicht nur von Pflegebedürftigen, sondern auch von Pflegenden. Diese wird von Lebensgeschichte, innerer Verfassung, äußerer Situation, gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und aktuellem Erleben beeinflusst. Gewalt findet häufig hinter "verschlossenen Türen" statt. Wenig dringt zu Dritten. Gewalthandlungen können mit einem bösem Wort beginnen, mit Respektlosigkeit sowie Beschämung und mit Schlägen oder gar Totschlag enden.

Die Grenzen zwischen "Opfer" und "Täter" verwischen sich in Beziehungen häufig und gehen in einen Prozess der wechselseitigen Gewaltanwendung über. Die Häufigkeit und Internsität von Gewalt nimmt dann zu. Ein angemessener Umgang mit Wut, Aggressivität, Hilflosigkeit und Scham bedarf einer ausgeglichenen Persönlichkeit, die im Rahmen der Berufsausbildung gelernt hat, mit schwierigen Situationen umzugehen. Welche Erfahrungen hat man in der eigenen Familie mit Gewalt gemacht? Wie wurden Konflikte gelöst? Mit Schlägen? Psychischem Druck? Wie gehen Vorgesetzte mit kritischen Situationen um?

Nicht selten eskaliert erst nach längerer Zeit die Situation zur Gewalt. Wenig soziale Unterstützung, Scham, Angst und Hilflosigkeit kumulieren. Häufig fühlt sich der Pflegebedürftige wie im Gefängnis, aus dem es kein Entrinnen gibt. Pflegende fühlen sich eingeengt, wissen oft nicht weiter und können Lösungen nicht mehr suchen. Diesen Teufelskreis der Verstrickung zu lösen, oft noch beeinflusst durch schon seit früheren Jahren bestehende Beziehungsstörung, ist ohne Unterstützung nicht möglich. Aus Ritualen, unreflektierter Routine starker Erfüllung von Leitlinien oder anderer Vorgaben können Gewalthandlungen resultieren. Heißt es auch, dass "gute" Pflege teuer oder gar "unbezahlbar" (?) ist, so ist  "schlechte" noch teuerer und zudem unmenschlich. Zudem entstehen vermeidbare gesundheitliche Schäden.

Neben vielfältigen Möglichkeiten wie Deeskalations- und Sturzprophylaxetraining, Fallbesprechung und Supervision sowie demententsprechenden Arbeitsmitteln (z.B. tief verstellbare Betten, Hüftprotektoren, Bewegungstherapie) aber auch "Kommunikationshilfen" (z.B. Singen, Tanzen, Musik hören) kann der aus der Konfliktmeditation kommende Ansatz zur gewaltfreien Kommunikation sehr hilfreich sein. Dieser gibt wichtige Impulse zu präventiven Interventionen. Erlernt werden sollen Strategien und Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Gewalt, die Entscheidungen ohne emotionalen Druck Druck ermöglichen. . Nicht Kompromisse, sondern Konfliktlösungen sollen gefunden werden, mit denen alle Beteiligten wirklich zufrieden sind. Das Modell der gewaltfreien Kommunikation geht von vier Komponenten aus:

  • Beobachtungen einer Situation ohne Beurteilung oder Bewertung
  • Gefühle wahrnehmen, die bei der Beobachtung einer Handlung entstehen
  • Bedürfnisse aussprechen, die hinter den Gefühlen stehen
  • Spezifische Bitten äußern

Diese vier Komponenten gilt es, mit Worten oder in anderer Weise von den Beteiligten ganz klar auszudrücken, um zu einer sinnvolleren Lösung eines Konfliktes zu kommen. Vielfältige Vorurteile, Missverständnisse und Fehlinterpretationen können verdeutlicht werden und sind ein erster Schritt zur gewaltfreien Kommunikation. Durch Schulung lassen sich dadurch Veränderungen bewirken, die letztendlich präventiv sind und zur Gewaltreduktion führen.

Gewalt beginnt im Kopf, Alternativen ebenfalls. So ist neben Schulungen und Arbeitsmitteln eine Einstellungsveränderung erforderlich.Diese bezieht ein:

  • Einsicht in das eigene "Gut" und "Böse"
  • Bewusstsein für eigenes moralisches und persönliches Selbstvertrauen
  • Einbeziehung aller Bezugspersonen in die praktischen Vorgehensweisen
  • Eskalationsfaktoren und - situationen erkennen und verhindern lernen
  • Frühzeitige Einbeziehung von weiteren professionellen Helfern
  • Klärung von Verantwortungsbereichen und Handlungsfeldern
  • Strukturelle Mängel sind anzusprechen und nach deren Verringerung zu suchen ohne den Mitarbeitern die alleinige Verantwortung zuzuschieben

 



Referent:     Prof. Dr. Dr. Rolf Hirsch,

Rolf D. Hirsch , 1946 in München geboren, ist Facharzt für Nervenheilkunde, psychotherapeutische Medizin und Psychoanalyse. Seit zwölf jahren ist er im Vorsitz der "Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter - Handeln statt Misshandeln", daneben engagiert er sich als Präsident der Deutschen Akademie für Gerontopsychiatrie und- psychotherapie.

Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählt er Ethik, Gewalt und Aggression im Alter, Heiterkeit und Humor im Alter, Gerontopsychiatrie, Versorgungsforschung, Klinikclowns in Institutionen



Veranstaltungsablauf:

19:30 Uhr

Begrüßung
Vortrag mit anschließender Diskussion

 

Pflege ohne Gewalt ? !
Prof. Dr. Dr. Rolf Hirsch,

 

Pause

 

Aussprache

21:00 Uhr

Gespräch im Foyer

Teilnahmegebühr:   5,- €
(Schüler, Studenten, Auszubildende: 3,- €)